Erfahrungsberichte und Handlungsansätze
In Zeiten politischer Polarisierung und einer deutlich wahrnehmbaren gesellschaftlichen Verrohung steigt seit Jahren die Zahl der Übergriffe auf PolizistInnen. Doch auch andere Beschäftigte im Dienst der Allgemeinheit, etwa bei der Bahn, in Jobcentern oder Ordnungsämtern, in Krankenhäusern und Schulen sind betroffen. Der DGB zeigt nun in einer aktuellen Broschüre die Vielschichtigkeit des Problems auf, weist auf konkrete Handlungsmöglichkeiten hin und gibt Betroffenen eine Stimme.
Gewalt im Dienst: Kein neues, aber ein wachsendes Problem
Beleidigungen, Respektlosigkeiten und Gewalt im Dienst gehören für viele Beschäftigte in den unterschiedlichsten Bereichen des öffentlichen Dienstes inzwischen zum Alltag. Allerdings gewinnt das Thema vor dem Hintergrund weiter steigender Übergriffe an Brisanz. Es gibt mittlerweile kaum eine Berufsgruppe, die nicht betroffen ist. 2017 wurde mit 74.000 Angriffen auf PolizeibeamtInnen ein neuer Negativrekord erreicht (Quelle: PKS, 2018). Angriffe auf MitarbeiterInnen der Bahn in Zügen und Bahnhöfen haben seit 2012 von 900 auf 2.550 Übergriffe im Jahr 2017 drastisch zugenommen (Quelle: DB-Sicherheitsbericht, 2017). Dies gilt für andere Bereiche in ähnlicher Weise.
Die Gründe sind vielfältig und hausgemacht
Die nun in Berlin vorgestellte Publikation „Wider die Normalisierung. Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst und privatisierten Dienstleistungssektor“ des DGB trägt dieser Entwicklung Rechnung. Sie zeigt anhand aktueller Zahlen, Daten und Fakten die Vielschichtigkeit des Problems auf und macht deutlich: die Gründe sind hausgemacht. Personalmangel, unzureichende Aus- und Fortbildungen sowie schlechte Ausstattungen begünstigen Übergriffe deutlich. Ursächlich für Gewalt und Respektlosigkeiten sind aber vor allem die Prekarisierung von Arbeit sowie der Abbau des Sozialstaates und die damit verbundene gesellschaftliche Desintegration und Verrohung. Autoritäten und staatliche Repräsentanten werden nicht mehr als solche geachtet, der Respekt und die Hemmschwelle sinken. In der Konsequenz nehmen Gewalt und Brutalität zu.
Handlungserfordernisse sind klar
Die Broschüre weist daher auf konkrete Handlungsmöglichkeiten hin, wie Arbeitgeber, Dienstherren und Beschäftigte Gewalt konkret und strukturiert begegnen können. Dafür wurde mit Experten und der Unfallkasse Nordrhein Westfalen zusammengearbeitet.
Vor allem aber bietet die Publikation Betroffenen stellvertretend für viele weitere KollegInnen eine Plattform. In insgesamt neun Porträts berichten Beschäftigte aus den verschiedenen Bereichen des öffentlichen Dienstes und privatisierten Dienstleistungssektor von ihren Gewalterfahrungen und den aus ihrer Sicht nötigen Handlungserfordernissen, um dem Problem her zu werden.
Angesichts der zunehmenden Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst, fordert der DGB: mehr Unterstützung durch die öffentlichen Arbeitgeber und Dienstherren sowie mehr Personal und eine bessere Ausstattung. Bei der Vorstellung der Broschüre machte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack deutlich: „Wir Gewerkschaften tolerieren keine Gleichgültigkeit. Wir tolerieren daher auch kein Schulterzucken bei der zunehmenden Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst.“ Übergriffe und Beleidigungen bezeichnete sie als Zeichen dafür „dass der gesellschaftliche Kitt bröckelt“. Gefragt seien deshalb nicht nur Arbeitgeber und Dienstherren, sondern mit Blick auf die gesellschaftlichen Verwerfungen insbesondere die Politik.
In Zeiten politischer Polarisierung und einer deutlich wahrnehmbaren gesellschaftlichen Verrohung steigt seit Jahren die Zahl von Übergriffen gegenüber PolizistInnen. Doch auch andere Beschäftigte im Dienst der Allgemeinheit sind betroffen. Der DGB zeigt nun in einer aktuellen Broschüre die Vielschichtigkeit des Problems auf, weist auf konkrete Handlungsmöglichkeiten hin und gibt neun Betroffenen eine Stimme.